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Mathematik erscheint im Vergleich zum weichen, sinnlichen
und formlosen Stoff als hart, rational und strukturiert. Diese größtmögliche
Distanz wird noch dadurch unterstrichen, dass sich textile und mathematische
Themen wie von selbst auf die beiden Seiten der Geschlechtsdifferenz verteilen.
Mehrere Texte von Ellen Harlizius-Klück setzen sich mit daran anschließenden
Fragen an die Mathematik auseinander. So hat etwa Jacques Lacan in seinem
Seminar über Poes entwendeten Brief die Arithmetik der geraden und
ungeraden Zahlen für eine symbolische Darstellung der Geschlechtsdifferenz
benutzt. Eine Hypothese dazu, welchen Mathematiker Poe für seine
Figur des Dupin benutzt hat, liefert der Beitrag
"Das Geschlecht der Meerschaumpfeife".
In vielen Kulturen ist das Zählen, Rechnen, Teilen,
Verteilen und Erzählen Sache der Frauen, weil diese Fertigkeiten
vor allem bei der Musterweberei gelernt werden, die die Beherrschung von
Teilbarkeitsregeln und Restklassen-Arithmetik erfordert, um Rapporte passend
anordnen zu können. Inzwischen kann man häufig lesen, dass der Jacquard-Webstuhl ein Vorläufer des Computers sei. Wie die Weberei aber genau mit der Verarbeitung digitaler Daten zusammenhängt, erforscht Ellen Harlizius-Klück in mehrerer Projekten.
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Die Dissertation Weberei als episteme untersucht das
Motiv der Ordnung und Verflechtung durch Weberei in einem Dialog Platons.
Hier zeigt sich ein enger Zusammenhang des vorgewebten Saumes (Vorwand, prétexte)
und seiner Herstellung mit der dyadischen Arithmetik, also der Lehre von
den geraden und ungeraden Zahlen, die als Ursprung der griechischen Logik
und damit der deduktiven Mathematik und Wissenschaft überhaupt gilt
(Leseprobe unter downloads).
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Im Projekt "Dyadische Arithmetik in Philosophie und Weberei" wird die begonnene Arbeit fortgeführt und die arithmetischen Bedingungen des Webens und Rechnens untersucht. So wird zunächst der Bogen von Penelopes Webstuhl zum modernen Computer geschlagen. Diese Arbeit wird in einer offenen Forschungswerkstatt im Rahmen der Ausstellung "Gesponnen und Verwoben" im Tuchmacher Museum Bramsche Juni bis Oktober 2009 fortgesetzt. Mehr demnächst unter www.praetexta .de. |
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In einem Brief an den Kaiser von China legte der Mathematiker und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz im Januar 1697 eine dyadische Arithmetik aus Null (dem Nichts) und Eins (Gottes Wort) dar. Er schrieb: "Alles kann mit dieser Methode gelöst werden." Deshalb kündigt er an, "dass man mit dieser Dyadik auch eine Rechenmaschine bauen könnte."
Die Chinesen benutzten das gleiche Zahlenschema für die Weisheitslehren und Orakel des I Ging, nahmen aber von Leibniz wenig Notiz. Das linke Bild zeigt eine Münze mit diesen Zahlen nach einem Entwurf von Leibniz.
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Schon vor dem Jacquardwebstuhl gab es im 18. Jahrhundert in den Handwebereien des österreichischen Mühlviertels spezielle Platinensteuerungen, die das Zugsystem des Webstuhls steuerten. Außerdem zeigen Webermanuskripte dieser Zeit einen spezifischen Umgang mit den Zugsystemen, bei dem die Komplexität der Schnürungen zugunsten der Schrittfolgen und Bindungen erhöht wird. Die in den Webprozessen zu handhabenden Algorithmen scheinen also zu dieser Zeit den Mittelpunkt der Überlegungen zu bilden und eine Art von Algebra ohne Ziffern und Buchstaben zu benutzen. |
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